vom 29.August bis 5. September 2011
In der Nacht hat es gegossen, aber in der Früh scheint die Sonne, der Wetterbericht meldet für die nächsten Tage Sommerwetter und so fahren wir nicht, wie ursprünglich gedacht, weiter nach Ottawa, sondern den St. Lorenz-Strom, der hier nicht mehr sehr breit ist, bis in die Nähe von Morrisburg zum "Upper Canada Village", einem Museumsdorf mit 35 Wohnhäusern und einigen öffentlichen Gebäuden. Die Dorfbewohnen stellen auch hier in zeitgemäßer Kleidung ihr Leben in einer dörflichen Kleinstadt in Ontario im 19. Jhd. dar. Es gibt u.a. die Dorfkirche, ein Hotel, eine Taverne, ein Sägewerk, eine Getreidemühle, das Arzthaus, die Unternehmervilla, die Häuser der Handwerker, Ställe und Scheunen......Man erfährt hier viel vom Leben vor rund 150 Jahren, von den damals üblichen Techniken und der Lebensweise der Bewohner.
Das Museum war äußerst lebendig, die "Bewohner" gingen alle ihren Tätigkeiten nach, es hat uns von allen bisher gesehenen "Living Museums" am besten gefallen.
Mit dem Ausbau des St.Lorenz-Seeweges, einer Schifffahrtsstrasse, die auch von großen Frachtern befahren werden kann, wurden Uferbereiche und acht Dörfer geflutet, ca. 6.500 Menschen wurden umgesiedelt, deren Häuser abgebaut und zum Teil hier wieder errichtet. Im Jahr 1961 wurde das Museum eröffnet, weitere restaurierte historische Gebäude kamen hinzu.
Der Sankt Lorenz-Strom, 3.000 km lang, ist eine der verkehrsreichsten Binnenwasserstrassen der Welt, obwohl er von Januar bis März zugefroren ist. Von Montreal bis zum Ontariosee bildet er die Grenze zu den USA, an seinem Ufer leben 60% der kanadischen Bevölkerung. Hier kommt auch kein "Kanadafeeling" auf, es ist eher wie bei uns, eine Ortschaft an der anderen, sehr ordentlich und gepflegt. Je näher man Montreal kommt (wir heben uns die größte Stadt Québecs für den Rückweg auf und haben sie nur umfahren), umso dichter wird der Verkehr, hier hatten wir auch den einzigen kleinen Stau in bisher fast vier Monaten Ostkanada.
Wir fahren weiterhin nicht auf der Autobahn, sondern auf dem Hwy 2, der immer am Fluß entlang führt, und oftmals schöne Ausblicke bietet, Richtung Toronto. Viele schöne Picknickmöglichkeiten liegen am Weg.
Wie überall in Québec und Ontario ist das Parken von 23.00 Uhr bis 5.00 Uhr o.ä. nicht gestattet. Wer keinen Campingplatz aufsuchen oder auf dem Wal-mart-Parkplatz übernachten will, hat es hier sehr schwer. In den anderen Provinzen haben wir diese Schilder nur selten gesehen oder vielleicht auch nicht wahrgenommen.
Für uns ungewöhnlich ist auch, dass alle Parkplätze bei Sehenswürdigkeiten nach Schließung mit einer Schranke verschlossen werden und auch auf allen anderen Parkplätzen in Nachtstunden ein Parkverbot besteht. Praktischerweise ist manchmal auch gleich ein Schild darunter, was der Verstoß dagegen kostet, meistens 100 $.
Eine Nacht verbringen wir auf einem CP in Sichtweite der sehr stark befahrenen International Bridge, auf deren anderer Seite bereits die USA liegen, es war trotzdem erstaunlich ruhig.
Am nächsten Tag fahren wir weiter, zuerst nach Rockport. Von hier starten große Dreideckschiffe zu den 1000 Islands mit überwiegend japanischen Touristen. Wir versäumten nichts, als wir weiterfuhren und sehen von der Strasse aus schön die Inselchen im Strom, von mini mit nur einem Haus oder Boot bis groß und bewaldet. Die Fahrt auf der Küstenstrasse bis Kingston war sehr schön. Die Stadt selbst ist attraktiv mit einem alten Stadtkern, vielen Geschäften, Kneipen und Restaurants. Viele Gebäude sind aus hellgrauem Kalkstein.
Wir nehmen die (kostenlose) Fähre nach Glenora und fahren weiter zum Sandbanks PP. Dort gefiel es uns so gut, dass wir drei Tage blieben.
Der PP hat mehrere tolle Strände und viele Campingplätze, die meisten wie immer im Wald, was uns nicht so gut gefällt. Mit viel Glück bekamen wir den letzten freien Platz auf der Wiese, mussten allerdings einmal umziehen. Morgens wurden wir schon von den Zikaden geweckt, die am Abend auch unser Campfire begleiteten. Bei herrlichem Wetter fuhren wir mit den Rädern zum Strand (das Wasser war angenehm warm), saßen in der Sonne und kamen endlich einmal wieder zum Lesen. Hier hörten und sahen wir auch zum ersten Mal größere Schwärme von Wildgänsen, die uns ab jetzt immer wieder begegnen. Riesige Raben drehten am Himmel ihre Runden. Draußen frühstücken, am Abend grillen und einfach nur die Ruhe und das Ambiente genießen. Herrliche Sommertage.
Die Strände hier müssen den Vergleich mit der Karibik oder den Stränden, die wir von Südostasien kennen, nicht scheuen. Der Sand ist genauso fein wie der Korallensand der Malediven. Der Blick gleitet endlos über Sand und hier auch über die Dünen, wie auf Sylt.
Es ist langes Wochenende, am Montag (5. September) ist Labour Day, alle haben frei und wir fahren vom Sandbanks PP weiter nach Cobourg. Der dortige CP liegt mitten in der Stadt, direkt am langen und sehr schönen Strand des Ontariosees, nachts ist es sehr laut und wir schlafen nicht besonders gut. Das Campfire, zu dem wir von unserem kanadischen Nachbarn, der in Iserlohn geboren wurde, eingeladen waren, fiel wegen eines Gewitters buchstäblich ins Wasser und so essen wir unsere als Mitbringsel gedachten Kekse selber.
Cobourg ist ein nettes Städtchen mit viktorianischem Zentrum, einer schönen Marina, einem Boardwalk und einer guten Eisdiele (!). Auch die Fahrt dorthin machte Spaß an Buchten und Armen des Ontariosees vorbei, viele Seerosen, manchmal kleine Inselchen....
Von Cobourg ging es dann über die Karwatha Lakes und Honey Harbour nach Parry Sound an der Georgian Bay am Lake Huron.
Honey Harbour ist ein Eldorado für Motorbootfahrer, der ganze Ort ist quasi eine einzige Marina. Von hier aus geht es in den Georgian Bay Islands NP, den man nur per Boot oder Wasserflugzeug erreichen kann.
Außerdem gibt es eine Bäckerei mit herrlichem Käse-Schokoladenkuchen!
Vorher machten wir allerdings noch Halt im Oastler Lake PP und am Balsam Lake, der ebenfalls hübsche und gut besuchte Strände hat. Am Oastler Lake befürchteten wir eine schlimme Nacht, die dann aber doch einigermaßen ruhig verlief, da wir mehrmals vom ohrenbetäubendem Lärm der Warnsignale eines Zuges erschraken, der ganz nah am PP vorbeifuhr und mit seinem Schnaufen und Schnauben vor den vielen unbeschrankten Bahnübergängen auf sich aufmerksam machte.
Insgesamt hatten wir in unseren bisherigen über 100 Reisetagen hier im Osten Kanadas neben dem Zug am Oastler Lake nur in Cobourg (Stadtplatz, direkt am Hafen und langes Wochenende) und in einem PP wegen der die ganze Nacht laufenden Generatoren schlecht geschlafen, ansonsten hatten wir immer extrem ruhige Nächte.